Gesundheitsdiktatur brutal

Donnerstag, 14. April 2016 um 21:10 Uhr

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Der Wahn des Erdoğan

Der türkische Präsident Recep T. Erdoğan macht derzeit Schlagzeilen, weil er auch im Ausland die Meinungs- und Medienfreiheit so unterdrücken will wie in seinem eigenen, von ihm immer autoritärer beherrschten Land. Ihm sind nicht nur die Unterstützung des IS, das Abschlachten von Kurden und autokratische Selbstherrlichkeit anzukreiden, zu seiner islamofaschistischen Politik gehört auch die totalitäre Regulierung des Privatlebens. Zitat des von sich selbst berauschten Machtjunkies: „Ein Muslim darf nichts mit Drogen, Alkohol und Glücksspiel zu tun haben. Das gilt auch für das Rauchen." Einst war die Türkei ein laizistisches Land, das Atatürk in die Moderne geführt hatte. Heute werden solche Vorstellungen in staatliche Repression umgesetzt und Atatürk, der Raucher, rotiert im Grabe.

Mustafa Kemal Atatürk

Mustafa Kemal Atatürk 1936

Erdoğan verfolgte als Premierminister eine prohibitionistische Politik und setzt sie als Präsident fort. War on Drugs, Rauchverbote im Freien, keine krankenkassenfinanzierte Lungenkrebsbehandlung für (Ex-)Raucher, Zensur von Rauchszenen in Fernsehsendungen – Ähnliches gilt für Trinkszenen –, Alkoholverkaufs- und Konsumverbote in der Öffentlichkeit totales Alkoholwerbe- und Sponsoringverbot, starke Anhebung der Biersteuer und und und.
„Der Kampf gegen das Rauchen ist mein persönliches Prinzip“, erklärt der tyrannische Schnauzbarträger. So hat er mal persönlich einen Raucher wegen Missachtung des Rauchverbots polizeilich bestrafen lassen. Das erinnert an Sultan Murad IV. aus dem 17. Jahrhundert, der inkognito durch das heutige Istanbul lief, um Raucher zu bestrafen. Er enthauptete sie persönlich an Ort und Stelle, solche Praktiken überlässt Erdoğan noch seinen Kumpels vom IS.

Erdogan - yes we ban
Den radikalen Vernichtungswillen gegenüber u.a. Alkohol und Tabak teilt der Islamist allerdings nicht auch mit dem extremem Puritanismus oder dem Nationalsozialismus Hitlers und Himmlers. Erdoğan mag Nationalist sein, aber spezifisch türkisch ist nichts an dieser Politik. Ein Nachtverkaufsverbot für Alkohol wurde nicht nur am Bosporus, sondern auch in Baden-Württemberg eingeführt. Und es ist die globale Tabakbekämpfung (Tobacco Control), die zur Raucherdiskriminierung in der Türkei beiträgt: Das Land hat jahrelang von Geldern des Internationalen Währungsfonds (IWF) gelebt – IWF und Weltbank lassen standardmäßig in den von ihnen finanziell abhängigen Ländern Maßnahmen gegen Alkohol und Tabak umsetzen ­– und ist von der WHO für besonders harte Antitabakpolitik gelobt worden.
Da kann Erdoğan nicht nur anderen Diktatoren 2.0 wie Putin die Hand reichen, auch die ‚führerlose‘ EU profiliert sich mit hemmungsloseren Schikanen und Freiheitseingriffen beim Tabak – siehe etwa die neue Tabakproduktrichtlinie mit Ekelbildern und Geschmacksverboten. Damit hören die Parallelen nicht auf, aber das wäre ein anderes Thema.

Da es üblich geworden ist, den wildgewordenen Osmanen lyrisch zu begleiten, wollen wir nicht hintanstehen:

Neosultan Erdoğan
Steht für Antitabakwahn
Terror gegen Kurden, Presse
Für Kritik gibt’s auf die Fresse
Kein Alk, kein Rauch, kein Spaß erlaubt
Ein ISIS-Freund, der Freiheit raubt
Das Blatt, das aber wird sich wenden
Wir seh’n ihn wie Gaddafi enden.

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